26 Mitglieder der GDM Schweiz trafen sich am 19.9.24 um 18.15h (online) zur Fachdidaktischen Diskussion zu einem sehr aktuellen Thema. Benjamin Rott, von der Universität zu Köln hielt zunächst ein Impulsreferat zur Thematik mit dem Titel: „KI im Bildungswesen – ein Versuch die Folgen abzuschätzen“. Im Vortrag spannte Benjamin Rott das Feld breit auf und zeigte sowohl Anwendungen und Auswirkungen für die mathematikdidaktische Lehre und Forschung durch gezielte Nutzung von KI. (Die Folien des Vortrags sind für die Mitglieder im internen Bereich verfügbar.)
Nach dem Impulsreferat wurde in vier thematischen Gruppen angeregt diskutiert. Die wichtigsten Punkte aus den Diskussionsgruppen:
KI in der mathematikdidaktischen Lehre (Hochschullehre)
Die Chancen, die KI bieten, sollten in der Hochschullehre auch in der Mathematikdidaktik genutzt werden. Es wurden Einsatzmöglichkeiten und Konsequenzen in der Lehre diskutiert sowie Erfahrungen ausgetauscht zum Einsatz verschiedener Programme (z.B. ChatGPT, Photomath etc.). Bezüglich Prüfungskultur wurde in der Gruppe ambivalent diskutiert. Es könnte auch ein Rückschritt in der Aufgabenkultur sein. Insbesondere der Vergleich von KI-Lösungen sowie die Unterstützung beim sprachlichen Formulieren (z.B. bei der Lernzielformulierung) wurden bisher erprobt.
Zwei Spannungsfelder wurden in der Diskussion hervorgehoben: die Aufgaben- und somit auch die Prüfungskultur. Der Umgang mit KI muss damit auch selbst zum Lerngegenstand werden («learning how to ask»). Chancen werden vor allem dort gesehen, wo KI Lernprozesse entlasten und unterstützen kann. Der Fokus richtet sich dann stärker auf Reflexionsfähigkeiten durch Vergleichen mit fachdidaktischen Kriterien oder das Interpretieren von Lösungen. Aber auch das Entwickeln von Fachsprache bzw. kindgerechter Sprache könnte mit KI gefördert werden. Wünschenswert wären KI-Systeme, die man selbst trainieren kann und auch Systeme, die adressatenorientiert sind. Dozierende befinden sich dabei selbst in einem Lernprozess, der zeitgleich zu dem der Studierenden abläuft.
KI im Zusammenhang mit der berufspraktischen Ausbildung
Positive Möglichkeiten für die berufspraktische Ausbildung wurden bei Einsatzmöglichkeiten beispielsweise im Zusammenhang mit Unterrichtsplanung und Sachanalysen diskutiert.
Interessant scheint KI auch im Zusammenhang mit Diagnoseinstrumenten zu sein. Diesbezüglich wären entsprechende, fachdidaktische Entwicklungsprojekte wünschenswert. Der Einsatz von KI in der Berufspraktischen Ausbildung kann sinnvoll sein, um mehr Zeit für Reflexion zu haben und weniger für das Handwerk (z.B. Erstellen von Sachanalysen). Dies setzt aber voraus, dass die grundlegenden Fähigkeiten von Studierenden vorhanden sein müssen, um den kritischen Blick gegenüber dem Einsatz und der Inhalte der Technik zu schärfen. Unabhängig vom Einsatz von KI in der berufspraktischen Ausbildung geht es darum, guten Unterricht zu ermöglichen.
KI in der mathematikdidaktischen Forschung
Diskutiert wurde, was diese Möglichkeiten bedeuten für die Betreuung und das Forschungshandwerk von Nachwuchskräften. Zentrale Fragen waren: Wie können wir sicherstellen, dass Doktorand:innen trotz KI-gestützter Auswertung der Daten das statistische Handwerk lernen und verstehen, welches hinter den Auswertungen ihrer Daten steht? Kann die KI-gestützte Auswertung der Daten den Fokus der Doktorierenden auf die fachdidaktischen Inhalte lenken und so zu vertieften Kompetenzen und Diskussionen führen?
Eine Herausforderung wird auch im Zusammenhang mit Reviews und möglichen Fake-Daten und -Auswertungen bei Manuskripten gesehen: Wie können wir sicherstellen, dass (publizierte) Forschungsergebnisse datengestützt und korrekt sind? Wird es vermehrt Fake-Forschung geben, und wie kann man diese erkennen? Ist es möglich, einen Verhaltenskodex oder eine gemeinsame Haltung in der Forschungsgemeinschaft zu etablieren? Gibt es derzeit einen Forschungs-Verhaltenskodex, und worin bestünde der Unterschied zu einem neuen? Das dritte Diskussionsthema kreiste um die Definition von KI und inwiefern KI wirklich als kreative Intelligenz betrachtet werden kann.
KI in der Schule
Eine Gruppe von Lehrpersonen beschäftigte sich mit den Tools und ihrem möglichen Einsatz in der Schule.
Fazit
Ein anregender Abend mit engagierten und interessanten Diskussionen! Allen herzlichen Dank dafür.